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Lippische Landes-Zeitung ,
05.06.1993 :
"Auf unterer Ebene wird zu wenig getan" / Gespräche am Runden Tisch gehen doch weiter
Detmold (mmh). Die Kommunalpolitiker sollten im Zusammenhang mit der Abschiebung von Asylbewerbern ausdrücklich zur Ausnutzung der vorhandenen Ermessensspielräume ermuntert werden. Diese Auffassung vertraten jetzt Pfarrer Erhard Goeken von der Kirchengemeinde Hiddesen sowie Volker Wiemann-Onyuro im Namen der Flüchtlingshilfe und Hildegard Olsen-Halle von der Detmolder Pax-Christi-Gruppe im Rahmen eines Pressegespräches.
Ihrer Ansicht nach werde auf der "unteren Ebene viel zu wenig getan", um dem zunehmenden Ausländerhass wirksam entgegenzutreten. Pfarrer Goeken übte vor dem Hintergrund der Brandanschläge in Mölln und Solingen heftige Kritik an der "Sprachlosigkeit" der Politiker. Er legte zusammen mit Olsen-Halle und Wiemann-Onyuro Wert auf die Feststellung, dass der "Runde Tisch - Flüchtlinge in Detmold" auch nach dem "Auszugstheater" von Mitgliedern der SPD und der Verwaltung unbedingt weitergeführt werden sollte. Wie es hieß, findet die nächste Sitzung am kommenden Dienstag, 8. Juni, im Gemeindehaus der katholischen Kirchengemeinde am Schubertplatz statt. Die Zusammenkunft beginnt um 19.30 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Vorstellung von Handlungsspielräumen der Ausländerbehörden vor Ort bei geplanten Abschiebungen sowie ein Bericht über die Situation von Asylbewerbergruppen in Detmold. Besonderen Raum wird auch eine Aussprache über Sicherungsvorkehrungen für Flüchtlingswohnheime einnehmen.
Goeken wies auch im Namen weiterer Mitstreiterinnen und Mitstreiter darauf hin, dass hierzulande mit dem sogenannten Asylkompromiss weder "die Dummheit noch das Gewaltpotential" abgeschafft worden sei. Er appellierte deshalb an alle, Zivilcourage zum Schutz von hilfsbedürftigen Menschen aufzubringen. Seinen Informationen nach könne beispielsweise nicht hingenommen werden, dass in einem Wohncontainer, in dem mehrere Dutzend Roma untergebracht sind, einfach das Telefon abgestellt werde. "Im Notfall sind die Flüchtlinge völlig auf sich allein gestellt", kritisierten die Gesprächspartner.
Der Runde Tisch will sich nach Worten Wiemann-Onyuros weiter um eine Verbesserung der Wohnsituation von Flüchtlingen kümmern. Um Kommunikationsschwierigkeiten abzubauen, sollen darüber hinausSprachkurse und besondere kulturelle Veranstaltungen angeboten werden.
05./06.06.1993
Detmold@lz-online.de
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