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Lippische Landes-Zeitung ,
04.06.1993 :
Trauerkundgebung gestern abend auf dem Marktplatz für die Opfer rechtsradikaler Gewalt / Frodermann: "Kein Platz für Skins und Glatzen"
Lemgo (be). Eigentlich hätten gestern abend alle Lemgoer auf dem Marktplatz stehen müssen, um ihrer Betroffenheit gegenüber den verabscheuungswürdigen Morden von Solingen Ausdruck zu verleihen. Tatsächlich aber waren nur an die 200 Bürgerinnen und Bürger nach einem Aufruf von DGB und der "Initiative gegen Rassismus, Faschismus und Menschenfeindlichkeit" zu einer Trauerkundgebung und einem gemeinsamen Gebet zusammengekommen.
Im Verlauf der über einstündigen Veranstaltung, der sich eine Mahnwache anschloss, kamen neben ausländischen Mitbürgern auch Geistliche zu Wort, darunter der türkische Imam von Lemgo, Mehmet Akpinar. Traurig mache ihn, so Akpinar, dass der Mord an den fünf Türkinnen gerade in Deutschland geschehen konnte, in dem die Menschenrechte hochgehalten würden. Dennoch fehlten in seiner Rede auch Worte der Hoffnung nicht. "Die Deutschen, die mit uns trauern, geben uns ein Zeichen, dass wir nicht allein sind", erklärte der Imam.
Aysél Devran, eine junge Türkin, unterstrich, dass Ausländer weiter benachteiligt und durch die neuen verschärften Asylgesetze zurückgedrängt würden. "Gewalt kann keine Probleme lösen. Wir wollen friedlich zusammenleben", rief sie den Anwesenden zu. Der Appell zu Gewaltlosigkeit wurde auch von den nachfolgenden Rednern wiederholt. Wiederholt wurde aber auch, dass viele Ausländer Angst hätten, Angst davor, dass auch sie Opfer faschistischer Gewalttäter werden könnten. So sagte ein Kosovo-Albaner, der ebenfalls zu den Versammelten sprechen wollte, aus diesem Grund ab.
"Anscheinend haben Lichterketten wie zu den Attentaten in Mölln und Rostock nicht genug bewirkt. Schon wieder kommen wir zu einer Demonstration gegen Hass und Gewalt zusammen", so DGB-Kreisvorsitzender Jürgen Frodermann. Er hielt es für erforderlich, dass Deutsche verstärkt das Gespräch mit ausländischen Mitbürgern suchen sollten, um zu zeigen, dass sie sich mit ihnen solidarisch erklären. Versäumnisse sah er seitens der Politiker. Diese träten nicht entschieden genug dem Rechtsradikalismus in unserem Staat entgegen. "Wir alle sollten beweisen, dass für Skins und Glatzen hier kein Platz ist", schloss Frodermann seine Ausführungen.
Lemgo@lz-online.de
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