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Lippische Landes-Zeitung , 15.11.2003 :

Asylrecht quasi abgeschafft / "Ein Sieg der Menschlichkeit", LZ vom 27. Oktober

Berichtet wurde über den - nach einem Ehebruch - von der Steinigung in seinem Heimatland bedrohten Iraner Mohammad Habib Parran, dessen Asylantrag das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt hatte und der vor der Abschiebung durch den Kreis Lippe stand, die dank des Einsatzes verschiedener Menschenrechtsgruppen noch einmal für drei Monate aufgeschoben wurde. "Ein Sieg der Menschlichkeit" unterstrich die LZ, womit sie nicht nur die unmenschlichen deutschen Asylrechtsregelungen kritisierte, sondern auch mit dem Hinweis auf ein mögliches Kirchenasyl darlegte, dass im Raum der Kirchen Menschlichkeit für derart verfolgte Ausländer noch am ehesten zu finden ist.

Weder Islam noch christlicher Glaube nehmen Ehebruch auf die leichte Schulter oder erklären ihn gar zum Kavaliersdelikt, ein Eindruck, den man aufgrund einer weithin aufgeweihten Ethik in unserer Gesellschaft häufig bekommen kann. Dennoch bleibt es unverständlich, dass an Leib und Leben bedrohten Menschen der Schutz verweigert wird, ein Recht, das den Vätern und Müttern unseres Grundgesetzes so wichtig erschien, um es in die Verfassung aufzunehmen.

Partei übergreifend verständigte sich das Parlament 1993 darauf, wesentliche Gründe für eine Asylgewährung nicht mehr gelten zu lassen, es sei denn, es handele sich um politische Verfolgung im engsten Sinne. Wenn die Volksvertreter hier eventuell schon vorbeugen wollten für den Fall, dass sie eines Tages selbst davongejagt werden könnten, dan handelt es sich wohl einmal mehr um die Aktivierung einer Selbstbedienungsmentalität. Das Asylrecht wurde aber quasi abgeschafft und droht weiter Schaden zu nehmen, wenn es Herrn Schily gelingt, die so genannte Drittstaatenregelung auch auf die EU auszuweiten. Glücklicherweise gibt es im Europaparlament noch hinreichend Widerstand.

Den Kommunalpolitikern möchte man anraten, dass sie tätige Reue für einen unmenschlichen Parlamentsbeschluss zeigen und sich nach ihren Möglichkeiten dafür einsetzen, dass Härtefälle wie bei Mohammad Habib Parran einer unbürokratischen Lösung zugeführt werden, ohne dass Kirchengemeinden in eine Bresche springen müssen, die um der Menschlichkeit willen vom Staat zu bedienen ist. In diesem Zusammenhang sei dem Kreis gedankt und ebenso der Initiative von Diether Kuhlmann, der sich nicht zum ersten Mal selbstlos für bedrängte Menschen engagiert hat. Seine Zugehörigkeit zum Internationalen Beratungszentrum sollte gerade auch den Detmolder Parteien zu denken geben, dass individuelle Initiativen gebraucht werden.

Wie kann der Aufstand der Anständigen aussehen, damit Herr Parran nach drei Monaten nicht doch noch ans Messer geliefert. sprich der Steinigung überantwortet wird? Menschlichkeit ist gefragt, und die Bevölkerung sollte erkennbar machen, dass sich ihre Volksvertreter nicht länger darauf berufen können, unsere Gesellschaft mit dem Zugeständnis des menschlichen Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Person zu überfordern.

Walter Berchter
Heidrunweg 4
Detmold

15./16.11.2003
Detmold@lz-online.de

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