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Informationsdienst gegen Rechtsextremismus , 08.02.2004 :

Mahler-Prozess beginnt mit Tumulten

Am vergangenen Freitag begann vor der Strafkammer des Landgericht Berlin der Prozess gegen den früheren NPD-Anwalt Horst Mahler wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Mit angeklagt sind der NPD-Funktionär Uwe Meenen (38) und Reinhold Oberlercher (60), wie Mahler Mitglied der obskuren Gruppe "Deutsches Kolleg". Sie müssen sich wegen ihres "Aufruf zum Aufstand der Anständigen" verantworten, der auch im Internet veröffentlicht wurde. In dem Pamphlet beziehen sie sich auf das 100-Tage-Programm einer kommenden "Reichsregierung", in dem ein "Einstellungsverbot für ausländische und völkerfremde Arbeitskräfte" sowie die Ausweisung von Ausländern gefordert wird. Mahler wird außerdem vorgeworfen, im September 2002 in der NPD-Zentrale Berlin-Köpenick volksverhetzende Schriften verteilt zu haben, in denen er den Hass auf Juden als "völlig normal" und ein "Zeichen geistiger Gesundheit" genannt habe.

Horst Mahler (68) sprach vor Gericht vom Grundgesetz als eines "Besatzungsstatut ohne Wirksamkeit" und von der so genannten Auschwitz-Lüge, die als "Psychowaffe gegen den deutschen Geist" eingesetzt werde. Die Duldung und der Zuzug von Ausländern verstoße gegen das Völkerrecht, versuchte Mahler das Gericht zu belehren. Außerdem rief er zum Sturz der "jüdischen Fremdherrschaft" auf. Dem Prozess "vor einer Großen Strafkammer des völkerrechtswidrigen Reichs- und Volksvernichtungsregimes BRD" hätten sich die drei "souveränen Reichsdeutschen" nur aufgrund von Gewalt gestellt. Das "Deutsche Kolleg" wolle den Richtern jedoch eine Chance geben, seien sie doch wie alle Deutschen "Opfer der judäo-amerikanischen Fremdherrschaft über Deutschland". Nach der Verhandlung sagte er, es sei eine "Lüge, dass wir sechs Millionen Juden fabrikmäßig umgebracht haben". Gesetzesnormen, nach denen solche Aussagen strafbar seien, erkenne er nicht an und nannte das Verfahren in einer Stellungnahme einen "politischen Schauprozess". Wegen der Aussagen vor Gericht warnte der Staatsanwalt den Angeklagten: "Sie laufen Gefahr, sich strafbar zu machen." Mahlers Verteidiger Mirko Röder erklärte jedoch: "Sie können so viele Ermittlungsverfahren einleiten wie Sie wollen."

Während der Verhandlung kam es vor dem Saal zu Rangeleien, als abgewiesene Zuhörer die Justizwachtmeister bedrängten, wiederholt gegen die Türen hämmerten und lautstark Einlass begehrten. Einen Antrag der Angeklagten auf einen größeren Sitzungssaal hatte das Gericht zuvor abgelehnt. Die Beschuldigten hätten "keinen Anspruch auf eine möglichst große Öffentlichkeit". Dennoch zeigte sich der Vorsitzende Richter am Ende kulant. Er versprach: "Das nächste Mal nehmen wir einen größeren Saal".

Wegen Volksverhetzung kann eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren verhängt werden. Mahler könnte bei einer Verurteilung auch seine Zulassung als Anwalt verlieren. Der Mitbegründer und Anwalt der Rote Armee Fraktion (RAF) wechselte schon kurz nach seiner vorzeitigen Haftentlassung (1971 zu einer Gesamtstrafe von 14 Jahren verurteilt) ins rechtsextreme Lager. Vor dem Amtsgericht Hamburg musste er sich unlängst verantworten, weil er in der ARD-Sendung "Panorama" die Anschläge in den USA vom 11. September 2001 als "rechtens" bezeichnet hatte. Gegen Mahlers Freispruch in diesem Verfahren hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Mahler war 2001 auch als Redner bei einer Veranstaltung des führenden Holocaustleugner-Vereins "Institute for Historical Review" (IHR) in Beirut vorgesehen, die von der libanesischen Regierung jedoch verboten wurde. Der Titel seines Vortrags, den er auf seinen Webseiten veröffentlichte, lautete "Endlösung der Judenfrage. Gotteserkenntis statt Judenhass". Im März will Mahler bei einem "Revisionisten"-Kongress in Kalifornien auftreten, der von dem australischen Holocaustleugner Fredrick Töben organisiert wird.

Am 9. November 2003 kam es auf Initiative von Horst Mahler in den Räumen des "Collegium Humanum" in Vlotho zur Gründung des "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten", was in der internationalen Szene der Holocaustleugner durchaus Beachtung fand. Mit von der Partie waren der bekannte französische Holocaustleugner Robert Faurisson, der Schweizer Bernhard Schaub sowie die Witwe des Gründers des Collegium Humanum, Ursula Haverbeck-Wetzel. Die Gründungserklärung des Vereins ist Anlass für ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Mahler sowie den verantwortlichen Redakteur der "Stimme des Gewissens", Organ des rechtsextremen Vereins.


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