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Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (IDGR) , 15.11.2001 :

Seiferts Staatsbürgerschaft wackelt / Kanadisches Bundesgericht kann Weg für Auslieferung des Kriegsverbrechers freimachen

Bozen. Gestern ist Bewegung in den Fall der Auslieferung von Michael "Mischa" Seifert gekommen. Das höchste kanadische Bundesgericht in Ottawa hat ein Verfahren eröffnet, bei dem dem heute 77-Jährigen, der in der Nähe von Vancouver wohnt, die kanadische Staatsbürgerschaft aberkannt werden könnte. Dann muss die kanadische Regierung über die Auslieferung entscheiden.

Der jetzt verurteilte Kriegsverbrecher war in den Jahren 1944 und 1945 Kommandant des Durchgangslagers in Bozen. Hier habe er während seiner Zeit als Aufseher mindestens elf Morde und mehrere Vergewaltigungen begangen, hatte Militärstaatsanwalt Giovanni Costantini bei dem Verfahren vor dem Militärgericht in Verona nachgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung zu lebenslanger Haft dann vor zwei Wochen nach einem äußerst kurzen Verfahren voll bestätigt. Sein Verteidiger, Roberto Businello, hatte versucht, mit einer Reihe von Einwänden geltend zu machen, dass das Militärgericht nicht zuständig gewesen war. Es sei richtig, dass der aus der Ukraine stammende Seifert damals SS-Unteroffizier und Aufseher im Bozner Durchgangslager war. Ob er einen militärischen Status in Italien hatte, sei aber zweifelhaft. Außerdem sei Seifert die Vorladung zum Prozess nicht in ukrainischer Sprache zugestellt worden, und zudem müssten auch ihm mildernde Umstände zugesprochen werden wie den Angeklagten, die unmittelbar nach dem Krieg von Gerichten in Bozen verurteilt worden waren. Hätte das Gericht Seifert die mildernden Umstände zuerkannt, wäre der ganze Prozess hinfällig gewesen, weil dann alle Delikte unter die Verjährung gefallen wären.

So aber dürfte jetzt auch in die Angelegenheit Auslieferung Seiferts nach Italien Bewegung kommen. Das oberste kanadische Bundesgericht hat gestern auf Antrag der kanadischen Generalstaatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet, das dem 77-Jährigen die kanadische Staatsbürgerschaft kosten könnte. Der Grund: Seifert hatte bei seiner Einbürgerung nach dem Zweiten Weltkrieg falsche Angaben gemacht. So habe er seinen Geburtsort aus der Ukraine nach Litauen verlegt und seine Nazi-Vergangenheit und Tätigkeit als Lageraufseher verschwiegen. Das reiche, um Seifert die Staatsbürgerschaft zu entziehen, so der Generalstaatsanwalt.


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