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Neue Stader - Wochenblatt ,
14.03.1998 :
Grigat und die Herren Otto, Munier, Roeder / Immer wieder gerne geleugnet: die Verbindungen der KG Goldap zu Rechtsextremen
Das wird ein Jubel: Die Kreisgemeinschaft Goldap (KG) feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Rechtzeitig zum Jubiläum hat sich die Vertriebenen-Organisation auch mit dem Wochenblatt getroffen - wie üblich vor Gericht (siehe nebenstehenden Bericht).
In dem Verfahren ging es letzlich wieder einmal um die Verstrickung der von Kritikern als in Teilen als revanchistisch eingestuften KG in den braunen Sumpf in "Nordostpreußen". Der KG-Kreisvertreter (Vorsitzender) Stephan Grigat bestreitet immer wieder gerne, dass sein Verband mit Rechtsradikalen oder Rechtsextremen zu tun hat und äußert dies auch gerne vor Gericht - wobei sich dort KG-Chef Grigat immer von Rechtsanwalt Grigat vertreten lässt.
Aber die Tatsachen kann auch ein Stephan Grigat nicht wegdiskutieren, auch wenn er gerne von "Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Verdrehungen" spricht. Dem Wochenblatt liegen mehr als genug Dokumente vor, die beweisen, dass die Kreisgemeinschaft Goldap im ehemaligen Ostpreußen in einem Umfeld agiert, zu dem bekannte Rechtsextremisten wie Dietmar Munier oder Manfred Roeder gehören. Die Beweise sind erdrückend. Sie stammen - und das übersieht Grigat gerne - nicht nur von antifaschistischen Gruppen, sondern auch aus dem rechten Lager selbst.
Auslöser für das jetzt erledigte Verfahren war die Feststellung des Wochenblatts, die KG würde in ihrer Zeitschrift "Die Heimatbrücke" eine Aktion eines NPD-Mitglieds in "Nordostpreußen" unterstützen. In der "Heimatbrücke" vom 20. Juni 1994 hatte das damalige KG-Vorstandsmitglied, Dr. Wolfgang Rothe, pensionierte Bauhandwerker dazu aufgerufen, sich bei der "Firma Basis in Trakehnen unter der Leitung des Herrn Otto" zu melden. Rothe schmückt sich in einem Tätigkeitsbericht außerdem damit, "auf meinen Anstoß" dem "Baugeschäft Basis" zwei Handwerker vermittelt zu haben. Und verriet außerdem, dass die KG zusammen mit der Firma "Basis" den Bau zweier Hallen plante.
Hans-Dietrich Otto
Dieser "Herr Otto" von der Firma "Basis" hat es in sich. Es mag sein, dass er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Aufrufs in der "Heimatbrücke" kein NPD-Mitglied mehr war. Aber wenn man sich die Vita von Hans-Dietrich Otto anschaut, ist das eigentlich schon fast egal.
Nach Angaben von Heinz Manke (den Antifaschisten als rechtsradikal einstufen) und anderen arbeitete Otto in "Nordostpreußen" mit dem bekannten Kieler Rechtsaußen Dietmar Munier zusammen. Später trennte sich Otto von ihm.
Doch die enge Beziehung zu Munier ist noch längst nicht alles, was Otto zu bieten hat. Auch der verurteilte Rechtsterrorist Manfred Roeder - durch seinen Vortrag an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg wieder in die Schlagzeilen geraten - hat mit Otto zusammengearbeitet.
Ilse Timm
Hans-Dietrich Otto ist zudem Gründungsmitglied des "Schulvereins zur Förderung der Rußlanddeutschen in Trakehnen". Deren erste Vorsitzende war die mittlerweile verstorbene Ilse Timm, die als rechtsextrem gilt, enge Verbindungen zu rechten Zirkeln wie dem "Freundeskreis der Artamanen" hatte und "Witikonin" gewesen sein soll. Der Witikobund gilt als "stramm revanchistisch" sowie als "stark rechtsextremistisch durchsetzt". KG-Aktivist Rothe scheut sich nicht, in einem Tätigkeitsbericht stolz auf eine Zusammenarbeit mit dem "Trakehner Förderverein (Frau Timm)" hinzuweisen. Völlig unbekümmert verweist Rothe außerdem auf die "Bruderschaft Salem", die in der Ortschaft Gawaiten gerade sieben Höfe baue. Dass das Salem-Netzwerk enge Kontakte zu Roeder und weiteren Rechtsradikalen pflegt, scheint ihn nicht weiter zu bekümmern.
Heutiger Vorsitzender des Schulvereins ist Dr. Karsten Niefind, der als Student zweiter Bundesführer des "Bundes Heimattreuer Jugend" (BHJ) war und gelegentlich für die "Junge Freiheit" schreibt - eine rechte Publikation, die vom Verfassungsschutz kritisch beäugt wird. Der BHJ ist neben der Wiking-Jugend eine der wenigen kontinuierlich arbeitenden rechtsextremistischen Jugendorganisationen. Und so ein Zufall: Auch Munier war BHJ-Aktivist.
Siegfried Godenau
In "Nordostpreußen" tummelt sich zudem der Rechtsextremist Siegfried Godenau, Geschäftsführer des Roederschen Deutsch-Russischen Gemeinschaftswerks. Es verwundert nicht, dass auch er Kontakt zur Otto#einschen Firma "Basis" hatte - wobei übrigens unklar bleibt, welche Funktion Otto bei "Basis" hat. Hier finden sich in den Unterlagen unterschiedliche Angaben. Klar ist aber auf jeden Fall: Otto besitzt hier großen Einfluß.
Godenau war auch in jener Region aktiv, in der die Kreisgemeinschaft Goldap agiert. Der Name "Godenau" taucht im Zusammenhang mit Hilfsaktionen im ehemaligen Nordostpreußen auch in der "Heimatbrücke 3/93" auf - dass es sich dabei um Siegfried Godenau handelt, ist möglich.
Außerdem wird gemunkelt, dass in einem Rundschreiben Godenaus, das dem WOCHENBLATT allerdings nicht vorliegt, die Kreisgemeinschaft Goldap lobend erwähnt wird. Grigat soll den Stader Stadtdirektor gebeten haben, dieses Rundschreiben nicht zu veröffentlichen.
Regina Groß
In der Öffentlichkeit unbekannt ist der Name Regina Groß. Aber auch anhand ihrer Person lässt sich belegen, dass die Kreisgemeinschaft Goldap mehr mit Rechtsextremisten zu tun hat, als sie zugibt: Regina Groß verteilt in Nordostpreußen Spendenlieferungen für die KG Goldap. Aber nicht nur für die KG ist sie aktiv: Organisationen Muniers und Roders erwähnen sie in ihren Rundschreiben.
Die AGNO
Die Kreisgemeinschaft Goldap ist Mitglied in der AGNO, der Arbeitsgemeinschaft Nord-Ostpreußen. Wer deren Broschüren durchblättert, mag aus den ersten Blick nichts Negatives feststellen. Hier, so scheint es, arbeiten wohlmeinende Organisationen für das Wohl von Russen und Deutschen im ehemaligen Nord-Ostpreußen zusammen.
Doch auch hier täuscht der schöne Schein: In der AGNO-Broschüre von 1995 wird Hans-Dietrich Otto als "Unser Mann in Trakehnen" vorgestellt - also ein Mann, der ohne jeden Zweifel mit Gestalten wie Munier und Roeder zusammengearbeitet hat. Zu den führenden Köpfen der AGNO gehörte Ilse Timm. Ihr "Verein zur Förderung der Rußlanddeutschen in Trakehnen" gilt als Motor der AGNO. Und auch davon wollen Grigat und die Kreisgemeinschaft Goldap nichts wissen?
Otto hat außerdem Verbindungen zum "Allgemeinen Deutschen Kulturverband" (ADKV), der wiederum - so ein Zufall - auch mit der AGNO zusammenarbeitet. Im ADKV - wen wundert#eins - sind Leute mit rechtem Gedankengut tätig.
Ein Ex-Nazi als Ehrenmitglied
Einziges Ehrenmitglied der Kreisgemeinschaft Goldap ist Karl von Buchka - ausgerechnet ein Ex-Nazi. Er war der NSDAP am 1. Mai 1933 beigetreten, hatte die Mitgliedsnummer 1683854.
Nach Kindheit und Jugend in Göttingen und Berlin verschlug es ihn schließlich nach Kehdingen: Von 1921 bis 1932 war er Landrat in Freiburg. Es folgen 13 Jahre als Landrat im Kreis Goldap. Nach dem Krieg kehrt er nach Freiburg zurück, wird CDU-Parteivorsitzender im Bezirk Stade und zieht 1953 in den Bundestag. Er war zudem stellvertretender Kreisvorsitzender der Kreisgemeinschaft. Von Buchka starb 1960.
Manfred Roeder
Die Liste von Manfred Roeders unheilvollem Wirken ist lang und ist zur Zeit nach seinem Vortrag an der Führungsakademie der Bundeswehr der prominenteste Rechtsextremist. Außerdem ist er ein verurteilter Rechtsterrorist: Auf das Konto "seiner" "Deutschen Aktionsgruppen" gehen sieben Anschläge, bei der zwei Vietnamesen ums Leben kommen. Das frühere CDU-Mitglied gründet immer wieder rechtsextreme Organisationen wie die "Deutsche Bürgerinitiative" oder das "Deutsch-Russische Gemeinschaftswerk", in dessen Namen er auch von 1993 bis 1996 in "Nord-Ostpreußen" herumgeistert. Otto und seine Firma Basis errichteten unter anderem die Häuser in Roeders Siedlungsvorhaben in Birkenhöhe.
Dietmar Munier
Wo sich Rechtsextreme gerne treffen, ist auch der Kieler Verleger Dietmar Munier nicht weit. Der Dauergast in den Verfassungsschutzberichten, ehemaliger stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten in Schleswig-Holstein und Aktivist des "Bundes Heimattreuer Jugend" ist vor allem im "nordostpreußischen" Trakehnen aktiv. Die von ihm getragene "Aktion deutsches Königsberg" und der "Schulverein zur Förderung der Rußlanddeutschen in Ostpreußen" sind auch in Pabbeln und Tollmingkehmen aktiv - unter anderem Schwerpunkte der Hilfsarbeit der Kreisgemeinschaft Goldap. Seit zwei Jahren war er allerdings nicht mehr vor Ort - wegen Schwierigkeiten mit den Behörden.
Wirklich alles ganz harmlos? / Auf was man in der "Heimatbrücke" stößt
Stephan Grigat und die Kreisgemeinschaft Goldap betonen gebetsmühlenartig, dass sie nichts, aber auch gar nichts mit Revanchismus und Leuten vom rechten Rand zu tun haben. Dass dies - milde ausgedrückt - gnadenlos geheuchelt ist, beweist unter anderem die "Dokumentation über die jüngste deutsche Geschichte", auf die in der "Heimatbrücke" 1/97 hingewiesen wird. Autor der Dokumentation: Erich Steppat aus Meldorf in Dithmarschen, der als "Ewig-Gestriger" gilt und bei dem das Machwerk bestellt werden kann.
Wer es auch nur flüchtig liest, bekommt - ganz undiplomatisch gesagt - das kalte Grausen. Ob Reinwaschung der Wehrmacht, "Differenzierungen" zu Auschwitz, Militaristisches oder Nationalistisches - Rechtsradikale werden vieles aus dieser unsäglichen Schrift, die eigentlich dem Verfassungsschutz vorgelegt werden müsste, mit Genugtuung lesen.
Grigat wird wahrscheinlich - wie gewohnt - jede Verantwortung weit von sich weisen. Wenn er sich und der Kreisgemeinschaft einen Gefallen tun möchte, sollte er zurücktreten und zuvor noch die verantwortliche Schriftleiterin der "Heimatbrücke" feuern.
Gericht weist Klage ab / Wochenblatt-Behauptung rechtens
In einem Rechtsstreit mit dem Wochenblatt zogen jetzt Stephan Grigat und seine Kreisgemeinschaft Goldap den Kürzeren. Das Buxtehuder Amtsgericht wies in dieser Woche eine Klage Grigats im Namen der Kreisgemeinschaft auf Unterlassung und Widerruf einer Behauptung in einem Wochenblatt-Kommentar zurück.
In diesem hatte der Stader Redaktionsleiter Sönke Petersen geschrieben, dass die Kreisgemeinschaft "in ihrer Zeitung 'Die Heimatbrücke' ein unter anderem eine Aktion eines NPD-Mitglieds in 'Nordostpreußen' (gemeint ist das russische Gebiet Kaliningrad) unterstützt" hat. Diese Äußerung, so Richter Jörg Lieberum bei der Urteilsverkündung, sei durch die Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt. Die Kreisgemeinschaft hat die Möglichkeit, in Berufung zu gehen.
Mit dem im Kommentar nicht namentlich genannten "NPD-Mitglied" war Hans-Dietrich Otto gemeint (siehe großer Artikel), der sich im ehemaligen Nord-Ostpreußen im Dunstfeld zwischen den bekanntesten deutschen Rechtsextremisten Manfred Roeder und Dietmar Munier auf der einen Seite und einer Vertriebenenorganisation wie der Kreisgemeinschaft Goldap auf der anderen Seite bewegt.
Nicht einmal Grigat bestreitet die zumindest ehemalige NPD-Mitgliedschaft Ottos. Dieser, so Grigat bei der Gerichtsverhandlung, habe gegenüber dem Zeugen Wolfgang Rothe bestätigt, bis Anfang der 70er Jahre NPD-Mitglied gewesen zu sein. Dokumente, die dem Wochenblatt vorliegen, stützen diese Angabe.
Kommentar / Herr Grigat, gehen Sie!
Stephan Grigat, quo vadis?
Sicherlich, in Ihrer Zeit als Chef der Kreisgemeinschaft Goldap wurden die Heimattreffen in Stade immer schöner, immer größer, starteten etliche Hilfstransporte ins ehemalige Ostpreußen, um Rußlanddeutschen, Polen und Russen zu helfen.
Das ist die eine, die schöne Seite der Medaille. Und dann gibt es da die andere Seite. Herr Grigat, Sie werden es nicht mehr leugnen können: Seitdem Sie als Kreisvertreter Verantwortung tragen - immerhin seit 1992 -, arbeitet "ihre" Kreisgemeinschaft mit Personen zusammen, mit denen man einfach nicht kooperieren darf. Personen, die zumindest zeitweise Kontakt zu bekannten Rechtsextremisten hatten. Oder die selber als rechtsradikal gelten können. Die Beweislage ist eindeutig und füllt beim Wochenblatt zwei dicke Aktenordner.
Mit ihrer Politik haben Sie jetzt - im Jahr des 50-jährigen Bestehens - die Kreisgemeinschaft an die Wand gefahren. Wenn Sie Mumm haben, entschuldigen Sie sich bei ihren Mitgliedern für all das, was auf dieser Seite nachzulesen ist (und es ist noch viel mehr, aber der Platz ist knapp), und nehmen den Hut. Solange Sie dies nicht tun, sind Stadt und Landkreis gefordert, ihre finanzielle Unterstützung einzufrieren.
Außerdem darf es nicht sein, dass Sie, Herr Grigat, bei der Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages zwischen den Städten Stade und Goldap am 24. März für die Kreisgemeinschaft mit am Tisch sitzen. Wenn Sie nicht freiwillig zu Hause bleiben, muss die Stadt sie ausladen.
Auf die Kreisgemeinschaft kommt ein Großreinemachen zu, das viel Kraft kosten wird. Aber es lohnt sich - im Interesse der deutsch-polnischen und der deutsch-russischen Versöhnung.
red-std@kreiszeitung-wochenblatt.de
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