WebWecker Bielefeld ,
20.08.2003 :
"Auch wenn wir untergehen werden"
Zugegeben, die WebWecker-Redaktion nahm sie zunächst für bare Münze: Eine angebliche Erklärung der "Postmeister"-Wirtin Katja Robson. Gestern traf ein mit ihrem Namen unterzeichnetes Schreiben bei den Fraktionsvorsitzenden im Rat ein. Doch nach Informationen der Polizei will Katja Robson dieses Schreiben weder verfasst noch abgeschickt haben. Es handelt sich also mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Fake. Wer der tatsächliche Autor des Schreibens ist, konnte die Polizei bisher nicht ermitteln.
Der Postmeister steht seit Monaten im Blickpunkt, weil sich dort regelmäßig Rechtsextreme treffen. Ein antifaschistisches Bündnis demonstrierte wiederholt vor der Kneipe, schließlich mit Erfolg: Die Dortmunder Actien-Brauerei, eine Tochter des Oetker-Konzerns, kündigte vor gut zwei Wochen der Pächterin Robson fristlos (WebWecker berichtete). Robson legte daraufhin juristischen Widerspruch ein, weil sie die Kneipe erhalten will.
In ihrem fingierten Brief beklagt sich der unbekannte Autor darüber, das "so genannte Autonome und gewaltbereite Störer Protestkundgebungen" durchführen, die das Ziel haben, den "einzigen nationalen Jugendtreff in einer größeren ostwestfälischen Stadt in den finanziellen Ruin zu treiben". Bei diesen Umtrieben seien die Gewaltbereiten in der Vergangenheit von der Polizei tatkräftig unterstützt worden. "Auf Druck der linken Medienmafia" habe der Brauereibetrieb, mit dem Robson seit Jahren "partnerschaftlich" zusammenarbeitet, den Pachtvertrag mit ihr gekündigt. Robson schreibt, sie habe in Absprache mit dem "Kameradschaftsführer Bernd Stehmann", ein stadtbekannter Neonazikader, beschlossen, die Schankwirtschaft nicht aufzugeben.
Das fingierte Schreiben wie auch ein in Umlauf befindliches Schreiben sind aber Anzeichen dafür, dass das Kapitel Postmeister noch nicht geschlossen ist. Im neonazistischen Internetmagazin "Stoertebecker" jedenfalls wurde vergangene Woche darüber nachgedacht, was zu tun ist: "Nun lamentieren hilft da wohl nicht weiter ... Möglicherweise ist es ja so, dass plakative Demonstrationen gegen die Schließung dieser oder jener nationalen Lokalität nicht ausreichen. Vielleicht sollte man ja statt dessen darüber nachdenken, welche Möglichkeiten es gibt, sich entsprechend zu revanchieren."
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