Lippische Landes-Zeitung ,
12.08.2003 :
Im Land der 1.000 Täler / Halbzeit für Augustdorfer Soldaten in Sarajewo
Augustdorf/Rajlovac. "Bergfest" für die Kräfte des Verteidigungsbezirkskommandos 35 aus Augustdorf: Die Hälfte ihrer Zeit in der CIMIC-Kompanie (Kompanie für zivile und militärische Zusammenarbeit) unter Führung von Oberstleutnant Eduard Szczepanski im Raum Sarajevo ist vorüber. Die Soldaten werden dort zur humanitären Hilfe eingesetzt. Der Leiter der Pressearbeit, Oberstleutnant Wolf von der Osten, schildert am Beispiel des Obergefreiten Stefan Nagel beispielhaft den bosnisch-deutschen Tagesablauf eines "freiwillig länger Wehrdienstleistenden".
Mit einem fröhlichen "Dobro Jutro" (Guten Morgen!) auf den Lippen und dem Frühstück startet der Tag um 6.30 Uhr im Lager Rajlovac. Danach beginnt bereits der Routinedienst für Nagel, der als Fahrer des Kompaniechefs seinen Dienst leistet. Es gilt unter anderem, das Fahrzeug aufzurüsten (Funk, Schutzweste, Helm, ABC-Schutzmaske, Wasser, Notproviant), die Waffen zu übernehmen und das Fahrzeug auf Verkehrs- und Betriebssicherheit zu überprüfen.
Um 7.30 Uhr folgt der Morgenappell durch Kompaniefeldwebel Dieter Simbeck mit Belehrungen allgemeiner Art, vom Schuhputzen bis zur Betreuungsfahrt. Danach gehts endlich los - die große Fahrt beginnt! Das Land der tausend Täler, der Moscheen, der "mautfreien", jedoch nicht immer minenfreien Wege nimmt den Geländewagen "Wolf" auf und verschluckt ihn fast im großen Verkehrsaufkommen der 450.000 Seelen-Stadt Sarajewo. "Dienstaufsicht" ist an diesem Tag für Stefan Nagel und seinen Kompaniechef das Thema.
Bosnische Auto-Fahrer machem dem Obergefreiten das Leben schwer, "todsichere" Überholmanöver der einheimischen Autobesitzer lassen Herzfrequenz und Adrenalinspiegel steigen. Staub, Hitze (35° C) und hohe Konzentration verwandeln die Fahrt in eine Rallye "Sarajewo-Mostar".
"Nema Problema"
Stefan Nagel
Mit einer "Vrijeme za Rucak" (Brotzeit) aus dem Türseitenfach des Geländewagens Wolf werden Hunger und Durst zur Mittagszeit gestillt. Im Nachmittagsverlauf kommt meist ein "Kafa" (Kaffee) bosnischer Brauweise dazu. Die Soldaten nennen den Kaffee liebevoll "Herzschrittmacher". Der Rückweg gegen Abend ins Lager verläuft meist zäh und mühsam, denn Blechlawinen von Autos befahren gerade in den Abendstunden diese Route.
Die albanischen Wachsoldaten grüßen, immer freundlich, mit einem "guhhten Tagg" oder dem albanischen "Mir Brana", und so ist das Tagesziel erreicht. Nach dem Abrüsten des Fahrzeugs heißt es, die Abendverpflegung zu fassen. Um 19.30 Uhr ist Dienstschluss für "Kaplar Exer" (OG Nagel). Fragt man ihn, "Na, wie wars heute?", antwortet er meist "Nema Problema" (keine Probleme). Der Rest der CIMIC-Kompanie (rund 31 Soldaten) hat sein Tagwerk auch vollbracht, und so geht wieder ein Kontingenttag der CIMIC-Soldaten zu Ende.
Richtig krachen wird es für die CIMIC-Kompanie und ihre "lippischen Soldaten" beim "Bergfest". Ein Spanferkel soll die Einsatz-Routine etwas verdrängen, und das dazu gehörige "Pivo" (Bier) wird den Staub von der Zunge spülen.
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