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Schaumburger Nachrichten , 14.02.2007 :

"Substanzloses Gequatsche" / CDU distanziert sich von JU-Vorsitzendem

Der Vorsitzende der Jungen Union Stadthagen, Francesco Güssow, verspürt mittlerweile heftigen Gegenwind. Nach Vertretern der übrigen Ratsparteien hat nun auch die CDU-Führung in der Kreisstadt Stellung gegen dessen Aussagen bezogen. "Völlig daneben" lautet das Fazit der christdemokratischen Stadtrats-Fraktion.

Stadthagen. CDU-Fraktionschef Gunter Feuerbach nimmt in seiner Replik kein Blatt vor den Mund. "Substanzloses Gequatsche eines selbst ernannten Wirtschaftsexperten" sei, was Güssow geäußert habe. Dessen Kritik sowohl an der Arbeit des Stadtrates als auch an der "Alten Polizei" gebe keinen Anlass, sich inhaltlich damit zu befassen und liege fernab der Realität. Der Beitrag des Kulturzentrums zur Jugendarbeit habe vielmehr "die volle Akzeptanz und Anerkennung der CDU-Fraktion gefunden".

Güssow entgegnet, in diesem Punkt teils falsch verstanden worden zu sein. Er habe keineswegs die Schließung der "Apo" gefordert. Allerdings sehe er deren Angebot in Teilen kritisch. Nach Güssows Einschätzung entspricht dies der Haltung der kompletten Stadthäger Jungen Union.

Die Spitze des CDU-Stadtverbands distanziert sich ebenfalls von den Inhalten der Güssow-Rede. Vorsitzender Heiko Tadge wertet dessen Äußerungen als "deutlich über das Ziel hinausgeschossen" und "nicht nachvollziehbar". Tadge sei sich mit seinen Vorstandskollegen Ursula Schweer und Jens Klugmann (auch im JU-Kreisvorstand aktiv) einig, dass dem Stadtrat keine Klientelpolitik vorzuwerfen ist. Außerdem sei Güssows Aufforderung, die örtliche CDU möge sich auf das Leipziger Grundsatzprogramm berufen, überflüssig.

Der JU-Vorsitzende will sich vorerst nicht detailliert zu den Reaktionen äußern. Zunächst will dieser sich mit dem Kreisvorstand beraten und sich anschließend an die Öffentlichkeit wenden.

Kommentar / Schaumschläger

Wie werde ich möglichst schnell bekannt? Francesco Güssow hat einen Weg gefunden. Der neue Chef der Jungen Union Stadthagen (13 von 110 Mitgliedern haben ihn gewählt) hat in seiner Antrittsrede mal so eben auf alles draufgehauen, was es in der Stadthäger Politik gibt. Der Rat der Stadt samt eigener Partei hat sein Fett abbekommen – und die Alte Polizei scheint für Güssow geradezu ein Feindbild zu sein. Ohne Substanz und vor allem ohne konkret zu werden, setzt er auf Attacke. Und als I-Tüpfelchen geriert sich der 21-Jährige auch noch als Fachmann für Wirtschaftspolitik – immerhin ist er Schüler am Wirtschaftsgymnasium.

Das Echo ließ nicht lange auf sich warten. Erfreulich ist dabei, wie deutlich sich die CDU von Güssow distanziert und die Alte Polizei als Einrichtung in Schutz nimmt.

Die Äußerungen des neuen JU-Chefs sind kein Zufall und schon gar kein Anfängerfehler. Immerhin sitzt er schon seit längerem im Kreisvorstand der CDU-Nachwuchsorganisation. Zudem wurde der Zeitungsbericht mit den Güssow-Attacken direkt auf der Homepage der JU veröffentlicht.

So schön es ist, wenn junge Menschen in die Politik gehen und sich kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzen – das was Güssow gemacht hat, ist nichts anderes als Schaumschlägerei. Und man muss sich fragen, ob es unter 110 Mitgliedern keinen besseren Vorsitzenden gibt.

Uwe Graells


sn@madsack.de

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