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Stadtverwaltung Stade ,
15.01.1996 :
Die Politik der Kreisgemeinschaft Goldap e.V.
Vorlage für die Abgeordneten des Stadtrates:
Die Politik der Kreisgemeinschaft Goldap e.V.
dargestellt an ihrer Vereinspublikation "Die Heimatbrücke"
Am 1. Mai 1948 erschien der erste "Heimatbrief", der noch im selben Jahr programmatisch in "Heimatbrücke" umbenannt wurde. Die Zeitschrift sollte und soll eine "Brücke zur ostpreußischen Heimat" bauen, in die alle zurückkehren wollen.
Die Zeitschrift ist durchgängig bis heute zunächst Familienblatt mit kleinen Erzählungen, Rezepten, Suchmeldungen, Familiennachrichten. Das ist ebenfalls bis heute - auch entsprechend der Satzung - eine Funktion der Kreisgemeinschaft, die ehemaligen Goldaper, gegliedert wiederum in Orte, wie eine Familie miteinander zu verbinden.
In politischer Hinsicht lassen sich in den Artikeln der "Heimatbrücke" drei Perioden unterscheiden, die Zeit von der Gründung bis etwa 1963, die Epoche von 1963 bis zur Wiedervereinigung und schließlich die Zeit nach der völkerrechtlichen Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze.
1) 1948 - 1962/63
Die Rolle Ostpreußens als Bollwerk des Abendlandes gegen den Bolschewismus wird betont, und die Aufgabe der Kreisgemeinschaft ist es, ihre Mitglieder auf die Rückkehr vorzubereiten. Das Titelbild der Ausgabe vom 1. Februar 1952 zeigt eine Karte des Kreises mit der Unterschrift:
"Das ist unser Heimatkreis Goldap. Wir wollen uns seine Umrisse gut einprägen, damit wir eines Tages den Kreis von seinen jetzigen #einBesitzern#ein zurückfordern können."
Die Bundesrepublik wird als "Gastland" bezeichnet. Man müsse im preußischen Geist stark bleiben, um "das Bollwerk Europas" wiederzuschaffen. In den zahlreichen Berichten aus Kaiserzeit, Weimarer Republik und Dritten Reich wird der Kreis Goldap (bis 1944) als "Paradies" bezeichnet, wo man bis zum 20. Oktober 1944 (!) "glücklich und zufrieden" lebte (05.11.1959).
Eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus oder den von Deutschen verübten Verbrechen findet nicht statt. Am 05.09.1954 heißt es u.a.:
"Im europäischen Raum spielt das deutsche Volk die bedeutungsvollste Rolle in der Abwehr der kommunistischen Infiltration. Diese Rolle gehört zur geschichtlichen Sendung des deutschen Volkes."
Durchgängig (bis 1994!) bringt die "Heimatbrücke" Berichte über die Kämpfe 1944/45 gegen die "roten Fluten", meist als Kriegstagebücher im Stil gemäßigter Landserhefte. Russen und Polen werden als Gegner per se angesehen. Am 20.11.1959 heißt es u.a.:
" ... mit den Russen kamen die Polen. Menschen mit einer ganz anderen Lebensauffassung und einer anders gearteten Kulturstufe ... (Sie hatten die Vorstellung,) von der übrig gebliebenen deutschen Substanz zehren zu können."
Das "Totengedenken" vom 20.11.1959 nennt die gefallenen deutschen Soldaten und die während Besetzung, Vertreibung oder Flucht Ermordeten oder sonst zu Tode Gekommenen "Märtyrer des Kommenden". Opfer anderer Völker hat dagegen nur die "entartete Staatsführung" Deutschlands zu verantworten.
Die Verschiebung der Verantwortung zeigt auch der Brief "An einen unpolitischen Goldaper Landsmann" (05.06.1961). Darin heißt es:
"Die grundlosen Greueltaten der Polen gegenüber schuldlosen Deutschen in den ersten Septembertagen 1939 haben doch erst eine Härte in den Krieg getragen, die vorher unbekannt gewesen war und die dann zu Vergeltungsmaßnahmen führte."
2) 1963 - 1990/91
Diese Periode, in der Dr. Hans-Erich Toffert Sprecher der Kreisgemeinschaft war, ist geprägt von dem Beharren auf dem Rechtsanspruch, das aber begleitet wird von der Betonung des Willens zur Aussöhnung und zur Verhandlung.
Auch in dieser Zeit bringt die "Heimatbrücke" wiederholt Berichte über die Rückeroberung von Goldap.
3) Die Zeit seit 1991
Die Zeit seit 1991 ist geprägt durch das Bemühen, nach der völkerrechtlichen Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze die Rolle der Kreisgemeinschaft neu zu definieren. Die bisherige einigende Klammer des wenigstens formal bestehenden Rechtsanspruchs fällt damit weg.
Dazu schreibt Stephan Grigat am 20.08.1991 u.a.:
"Deutschland ... verzichtet auf ein Viertel seines bisherigen Staatsgebietes - ohne Zwang ... Damit wird ... unsere ostpreußische Heimat ... Ausland."
Danach entwickelt er neue Zielvorstellungen:
"1. ... die Anerkennung Ostpreußens als deutschen Kulturraumes ... (und der) frühere(n) Existenz deutschen Eigentums" mit dem Ziel, frühere Eigentümer wieder Besitzer werden zu lassen.
2. ... die Perspektive eines erneut unabhängigen Ostpreußens "als eine ganz natürliche Gestaltungsmöglichkeit. Möglicherweise könnte ein selbstständiger ostpreußischer Staat mit freiheitlicher Verfassung und immerwährender Neutralität, ähnlich Österreich, prosperieren."
Für die zweite Lösung spricht nach Grigats Meinung vieles, auch der "Verrat des deutschen Staates an den ostpreußischen Interessen." Ostpreußen bleibe Verpflichtung, es "braucht jetzt seine Menschen": Gemeint sind die Vertriebenen und ihre Nachkommen.
Diese Gedanken bleiben auch in den Reden bis heute maßgebend. Am 23.08.1992 spricht Grigat von der "rechtlichen Weggabe der deutschen Ostprovinzen." Die deutsche Öffentlichkeit habe nicht einmal aufgehorcht, "als ein Viertel des deutschen Landes aufgegeben wurde." Die Vereine der deutschen Minderheit sollten nun wenigstens gefördert werden, denn sie seien "das Rückgrat der deutschen Kultur in Ostpreußen." Man wolle als Ostpreußen an der friedlichen Entwicklung der Heimat mitwirken.
Bei der Eröffnung des Heimattreffens 1994 postuliert Grigat:
"Es ist unsere Aufgabe, jenseits aller Grenzen und staatlichen Zugehörigkeiten die Zukunft Ostpreußens und Goldaps gemeinsam mit unseren deutschen Freunden vor Ort zu gestalten."
In den Betrachtungen P. Lothars zum Bußtag 1994 heißt es u.a., die Bestialität gegenüber Deutschen in Prag im Mai 1945 "stellte die Schrecken der Konzentrationslager in den Schatten." Lange vor den Juden, nämlich schon 1936 (!) seien Deutsche in Konzentrationslagern gewesen. Während die Massenvernichtung der Juden im Geheimen geschehen sei, habe man Deutsche in Polen oder der Tschechoslowakei in aller Öffentlichkeit "mit sadistischer Lust" ermordet. Dennoch suche man das "gesamte deutsche Volk in Schuldhaft zu nehmen."
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