Kulturinitiative Detmold e.V. ,
02.08.2003 :
Solidarität mit der alten Pauline!
Wie Sie vielleicht wissen, gibt es das autonome Kultur- und Kommunikationszentrum alte Pauline seit 22 Jahren. Vielleicht gehören Sie ja sogar zu den Tausenden von Menschen aus Detmold und Umgebung, die es in den vergangenen Jahrzehnten schätzen und lieben gelernt haben. Dann wissen Sie ja, um was für eine unverzichtbare Einrichtung es sich bei der alten Pauline handelt.
Vielleicht haben Sie aber auch nie einen Fuß über die Schwelle des Hauses gesetzt oder kennen unser Haus nur aus der Presse und haben mitbekommen, dass insbesondere der CDU unser Zentrum ein Dorn im Auge ist. Dann haben Sie jetzt wahrscheinlich ein paar Fragen, zum Beispiel diese:
Was heißt eigentlich "autonomes" Kultur- und Kommunikationszentrum?
"Autonomes Kultur- und Kommunikationszentrum" bedeutet, dass die alte Pauline von einer großen Gruppe ehrenamtlich engagierten Jugendlichen und Erwachsenen verwaltet wird. Wir, die in diesem Haus Aktiven, entscheiden darüber, was, wie und zu welchem Zweck in diesem Haus gemacht wird. Politischen Parteien, Kirchen, dem Jugendamt und der Stadtverwaltung gestatten wir keinen Einfluss auf die Organisation und den Inhalt unserer Arbeit. Deshalb haben wir es auch immer entschieden abgelehnt, Hauptamtliche zu beschäftigen und machen stattdessen lieber alles selber.
Wieso denn das? Ich meine, Hauptamtliche sind doch dafür da, dass sie etwas tun. Und könnten Ihnen doch eine Menge Arbeit abnehmen.
So einfach ist das leider nicht. Wir haben nämlich gar nicht das Geld, um bezahlte Stellen zu schaffen. Wir müssten uns also an die Stadt, den Kreis oder das Land wenden, damit die das übernehmen. Und wenn die das tun, dann wollen sie auch Einfluss nehmen. Und wenn dann der arme Sozialarbeiter seinen Job behalten will, dann muss er nach der Pfeife seines Brötchengebers tanzen und im Zweifelsfall gegen unsere Interessen handeln. Die Einstellung eines Sozialarbeiters oder Hausmeisters ist stets der Anfang vom Ende der Selbstverwaltung. Das haben wir an anderen Zentren sehr genau beobachtet. Diese Zentren sind jetzt alle kaputt. Die alte Pauline aber ist immer noch frisch und munter.
Wie - und das funktioniert? Ich meine, es muss doch jemanden geben, der sagt, wo es lang geht. Sonst bricht doch das Chaos aus.
Es funktioniert, wie gesagt: seit 22 Jahren. Man kann nämlich ein solches Zentrum sehr wohl ohne Chefs organisieren. Sicher wollen Sie jetzt wissen, wie wir das hinkriegen. Das geht so: Es finden jede Woche öffentliche Hausversammlungen statt, auf denen alles besprochen wird, was geregelt werden muss, damit das Haus funktioniert. Da wird dann entschieden, und zwar nach dem Konsensprinzip, nicht über Abstimmungen, was gemacht oder unterlassen werden soll. Da wird der Putzdienst organisiert, da wird entschieden, wer welche für das Haus notwendigen Dinge einkauft, welche Kultur- oder Informationsveranstaltungen stattfinden, wer wann eine Thekenschicht übernimmt usw. Besonders für junge Leute ist es eine faszinierende Erfahrung, dass sie selbst bestimmen können, was sie tun, und dass es da nicht jemanden gibt, der ihnen dauernd sagt, du musst jetzt dies tun und du musst jetzt das tun. Und deshalb übernehmen sie auch gerne die Verantwortung dafür, dass alles klappt. Natürlich klappt nicht immer alles reibungslos, aber letztlich funktioniert es immer irgendwie.
Na gut, wenn dieses Modell seit 22 Jahren funktioniert, dann hat es ja wohl den Praxistest bestanden. Und warum hat die CDU etwas gegen die alte Pauline? Ich meine, am Geld kann es ja wohl nicht liegen. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass die Stadt jährlich nicht mehr als 13.000 Euro für das Haus ausgibt. Das ist doch ein geradezu lächerlicher Betrag, wenn man bedenkt, was ein stinknormales städtisches Jugendzentrum für Kosten verursacht. Oder wenn man daran denkt, dass jeder Platz in jeder einzelnen Opernvorstellung mit 30 bis 40 Euro subventioniert wird.
Ganz richtig, am Geld liegt es wirklich nicht. Gerade in Zeiten leerer Haushaltskassen wäre ja eigentlich zu erwarten, dass Politiker sagen würden: "Seht her, mit wie wenig Geld die alte Pauline auskommt, und was sie dafür alles auf die Beine stellt!" Sagen sie aber nicht. Denn es geht ihnen ums Prinzip: Selbstverwaltung darf einfach nicht funktionieren! Es muss Chefs geben! Funktioniert sie aber doch, dann könnten die Leute ja auf dumme Gedanken kommen: Warum eigentlich nur Selbstverwaltung in der alten Pauline? Warum nicht auch in anderen Bereichen die Sache in die eigenen Hände nehmen? Vor dieser nahe liegenden Schlussfolgerung haben sie Angst. Deshalb bekämpft insbesondere die CDU die alte Pauline seit dem ersten Tag ihrer Existenz. Und macht sich zum Sprachrohr des konservativsten Teils der Bevölkerung. Deshalb will sie die alte Pauline zum Wahlkampfthema machen, unter dem Slogan: "Die Haushaltskasse ist leer! Weg mit der alten Pauline! Wir brauchen an ihrer Stelle einen schönen Glitzerpalast aus Stahl, Glas und Beton!"
Das wird doch zumindest einem Teil der Bevölkerung einleuchten. Und was wollen Sie dagegen sagen?
Erstens: Die Haushaltskasse der Jugendlichen und Erwachsenen, die die alte Pauline besuchen, ist auch leer. Mit schöner Regelmäßigkeit lange vor dem Monatsersten. Und gerade deshalb brauchen sie und wir die alte Pauline, denn dort gibt es keinen Konsumzwang und keine Türsteher, die nur solche Leute reinlassen, die aussehen, als hätten sie ein dickes Portemonee. Bei uns aber sind alle willkommen, die kein Geld haben. Und wenn die sich eine Cola mitbringen, dann ist das in Ordnung. Haben Sie schon einmal davon gehört, dass das in einer Kneippe, einer Disco oder im Theater möglich ist. Na also.
Zweitens: Der Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks, auf dem die alte Pauline steht, die übrigens als Denkmal geschützt ist, würde nicht viel einbringen. Damit ließen sich keine Haushaltslöcher stopfen.
Drittens: Wer von der Abrissbirne träumt, der sollte sich sehr wohl überlegen, welche sozialen und politischen Kosten vorher und nachher auf ihn zukommen.
Viertens: Wer Wahlkampf auf unsere Kosten machen will, der kann es ja mal versuchen. Wenn die CDU glaubt, mit einem Wahlkampf, wie ihn Schill in Hamburg geführt hat, Stimmen zu kassieren, dann hat sie sich verrechnet!
Das hat mich überzeugt. Was kann ich denn jetzt tun, um Sie zu unterstützen?
Setzen Sie sich mit einer Unterschrift für den Erhalt der alten Pauline ein. Schreiben Sie einen Leserbrief. Schreiben Sie an die Parteien oder rufen Sie sie an. Besuchen Sie die Kultur- und Informationsveranstaltungen in der alten Pauline. Nehmen Sie an Kundgebungen und Demonstrationen für den Erhalt des Hauses teil. Reden Sie mit Freunden und Bekannten und raten Sie ihnen: "Keine Stimme einer Partei, die die alte Pauline zerstören will!" Drücken Sie bei den öffentlichen Sitzungen des Stadtrates Ihre Solidarität aus. Geben Sie uns eine steuerabzugsfähige Spende (Kulturinitiative Detmold e.V. - Sparkasse Detmold - BLZ: 476 50 130 - Kontonummer: 448 59). Vielleicht kriegen wir dann genug Geld zusammen, um das Haus selbst zu kaufen. Danke!
Die alte Pauline bleibt!
Basta!
soli@alte-pauline.de
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