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Bad Oeynhausener Kurier / Neue Westfälische , 17.11.2006 :

Kein gemeinsames Toten-Gedenken / Altstädter Schützen beteiligen sich erneut nicht an der städtischen Feier zum Volkstrauertag

Bad Oeynhausen (nw). Ein gemeinsames Gedenken der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wird es auch in diesem Jahr nicht geben. Wie schon im vergangenen Jahr mögen die Altstädter Schützen an der Gedenkfeier in der Auferstehungskirche und am Gedenkbrunnen nicht teilnehmen. Sie treffen sich deshalb – wie in all den vergangenen Jahren – schon am Vormittag. Die Teilnahme an dieser Feier hat wiederum der Bürgermeister abgelehnt – mit Hinweis auf die Feier am Nachmittag.

"Wir bedauern diese Entscheidung, zumal die Vereine über viele Jahrzehnte gemeinsam mit der Stadt die Gedenkveranstaltung ausgerichtet haben", erklärt der Vorsitzende der Bürgerschützen, Dieter Braun. "Wir sind der Meinung, dass die Ansprache des Bürgermeisters am Ehrenmal und nicht in der Kirche gehalten werden sollte."

Braun wehrt sich dagegen, in die ultra-rechte Ecke gedrängt zu werden. "Wir sind keine Militaristen oder Antisemiten, wir gedenken aller Opfer der Kriege und Gewalt", betont er. Dabei sei er aber auch der Tradition verpflichtet. Deshalb werde man am Ablauf der Veranstaltung festhalten. Dazu gehöre genau wie im vergangenen Jahr wieder das Lied "Der gute Kamerad" sowie die Nationalhymne.

Das Kontrast-Programm der städtischen Gedenkfeier am Nachmittag gestalten etwa 20 Schülerinnen und Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums und der Gesamtschule.

Zehntklässler des IKG und Schüler des Religionskurses der 13. Jahrgangsstufe der Gesamtschule stellen in zum Teil selbst geschriebenen Texten einzelne Schicksale vor – von Opfern von Krieg und Gewalt. "Die Schülerinnen und Schüler haben nicht nur die Inhalte ausgewählt, sondern auch die Form der Präsentation erarbeitet", erklärt Martina Ohnesorge, Religionslehrerin am Kant-Gymnasium.

Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann wird in seiner Ansprache am Sonntag aus der Rede zitieren, die Bundespräsident Horst Köhler zum Volkstrauertag des vergangenen Jahres gehalten hat.

Bildunterschrift: Erinnerung: Im vergangenen Jahr legte René Hammelmann einen Stein an den Rand des Gedenkbrunnens, um an die Opfer aus dem ehemaligen KZ Flossenbürg zu erinnern. Die Mitschülerinnen Bianca Binnewitt, Kirsten Brüggemeier, Katharina Plöger und Jana Bikmijev schauen zu.




Archiv: Vlothoer Zeitung / Westfalen-Blatt, 12./13.11.2005: Henke: "Ich bin kein Antisemit" / Streit um den Volkstrauertag

Vlotho/Bad Oeynhausen (tho). Streit um den Volkstrauertag in Bad Oeynhausen: Rüdiger Henke findet, dass es nicht der Schützenverein ist, der sich für das Verhalten in der Volkstrauertagsdebatte rechtfertigen muss. Auch weist der Altstädter Vorsitzende den Antisemitismus-Vorwurf von sich.

In einem Schreiben erklärte Rüdiger Henke am Freitag: "Die Bürgerschützen Bad Oeynhausen von 1905 begehen den Volkstrauertag bereits seit mehr als 70 Jahren. Wenn also laut Pfarrer Silaschi der Volkstrauertag neu erfunden werden muss und er mit dem Bürgermeister der Stadt Bad Oeynhausen eine eigene Veranstaltung zum Volkstrauertag durchführen möchte, so ist diese Veranstaltung eine Gegenveranstaltung."

Getroffen hat den Apotheker, der dem Altstädter Schützenverein seit Februar 2004 vorsteht, offenbar der Vorwurf der Judenfeindlichkeit. Dazu erklärte er: "Ich bin nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Ich gehöre keiner Partei an und unterstütze keine Partei, die radikale Thesen und Meinungen vertritt. Ich habe niemals, jedenfalls nicht wissentlich, etwas mit Juden zu tun gehabt, habe also auch keine Veranlassung, Antisemit zu sein. Ich bin weder Antisemit noch ausländerfeindlich, bin allerdings der Meinung, dass alle Gäste unseres Landes sich an unsere gültigen Gesetze zu halten haben."

Gegen den Gedenkbrunnen an der Altstadt-Kirche, an dem ein Teil der städtischen Gedenkveranstaltung am Sonntag ab 15 Uhr stattfinden soll, habe er "auch nur einzuwenden, dass dieser Gedenkbrunnen an der völlig falschen Stelle aufgestellt wurde". Rüdiger Henke zufolge hätten "sicherlich andere, besser geeignete, öffentliche Orte dafür gefunden werden können, da nicht nur evangelische Bürger des Dritten Reiches Täter waren". Ein Gedenkbrunnen vor der evangelischen Kirche suggeriere eine Alleintäterschaft.

Beobachter erwarten derweil gespannt, ob die Bad Oeynhausener Bürger durch ihre demonstrative Teilnahme an einer der beiden konkurrierenden Veranstaltungen kundtun, wie sie die Debatte der vergangenen Tage finden. Zur Wahl stehen die althergebrachte Form des Volkstrauertagsgedenkens, die um 10.45 Uhr vor dem Rathaus beginnt, und die neue Form mit Start um 15 Uhr in der Auferstehungskirche.

Henke hat nach eigenem Bekunden in den vergangenen Tagen viel Zustimmung der Bürger erhalten.


lok-red.oeynhausen@neue-westfaelische.de

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