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Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. , 05.07.1999 :

Offener Brief zur Abschiebung von 14 Flüchtlingen nach Guinea

An das
Bundesministerium des Auswärtigen
z. Hd. Herrn Kroll
Adenauerallee 101
53113 Bonn

Vorab per Fax: (0228) 17-340

An das
Bundesministerium des Innern
Graurheindorfer Str. 198
53117 Bonn

Vorab per Fax: (0228) 681-4665

An das
Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen
z. Hd. Herrn Braun
Haroldstr. 5
40213 Düsseldorf

Vorab per Fax: (0211) 871-2340

An die
Zentrale Ausländerbehörde Dortmund
z. Hd. Herrn Binder
Kaiserstr. 129 - 131
44122 Dortmund
Vorab per Fax: (0231)-5184-355

An das
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
Frankenstr. 210
90461 Nürnberg
Vorab per Fax: (0911) 943-4000

Al' Ambassade de la Republique d' Allemagne
Herr Petereith
BP 540
Conakry
Guinee

Vorab per Fax: (00224) 452217

Zur Kenntnisnahme, mit der Bitte um Stellungsname:

An die
Fraktion der SPD
Bundeshaus
53113 Bonn

An die
Fraktion der Grünen
Bundeshaus
53113 Bonn

An die
Fraktion der SPD
Platz des Landtages 1
40221 Düsseldorf

An die
Fraktion der Grünen
Platz des Landtages 1
40221 Düsseldorf

Zur Kenntnisnahme:

Flüchtlingsrat NRW, Pro Asyl, Organisation guinéenne des droits de l´home, amnesty international, Kölner Flüchtlingsrat, Medienagentur für Menschenrechte, verschiedene Pressevertreter

- Offener Brief -

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 30.06.1999 wurden vom Flughafen Düsseldorf zwölf bis vierzehn Flüchtlinge aus Guinea abgeschoben. Mindestens sieben von ihnen hatten schon eine Abschiebung am 17.03.1999 hinter sich gebracht, die allerdings daran scheiterte, daß die Reisepapiere nicht in Ordnung waren.

Damals wurden fünfzehn Personen abgeschoben. Die Reisedokumente, die für ihren Flug nötig waren, sind von ihnen nicht unterzeichnet worden. Trotz dieser fehlerhaften Papiere wurden die Guineer durch die ZAB Dortmund abgeschoben. Als sie in Conakry ankamen, verweigerten die guineischen Behörden den Flüchtlingen die Einreise und schickten sie in die Bundesrepublik zurück. Während des gesamten Hin- und Rückfluges übernahm der Bundes­grenzschutz die Überwachung.

In einem Bericht der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) schildern die Flüchtlinge, dass sie massiv vom Bundesgrenzschutz mißsshandelt worden sein. Sie werfen ihm vor, dass sie sechzehn Sunden lang gefesselt, ihnen selbst beim Essen und bei den Toilettengängen die Fesseln nicht abgenommen wurden, dass sie ver­höhnt und beschimpft und einige von ihnen auch geschlagen wurden. Der BGS hat einem von ihnen einen Integralhelm aufgesetzt und ihn während des Startes ca. zwanzig Minuten lang mit dem Oberkörper nach unten gedrückt. Er erlitt schwere Atemnot (bei einem ähnlichen Fesselung am 28.05.1999 erstickte des Sudanese Ageeb). Es ist in der Zwischenzeit eine Strafan­zeige gegen den Bundesgrenzschutz gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf er­mittelt wegen Körperverletzung im Amt.

Als die Flüchtlinge aus Guinea wieder in der Bundesrepublik eintrafen, wurden mindestens sieben von ihnen in Abschiebehaft genommen. Sechs kamen nach Büren und einer nach Köln. Das Schicksal der anderen ist teilweise ungeklärt.

Seit der Inhaftierung dieser Flüchtlinge wurden von der IGFM sieben schriftliche Zeugen­aussagen aufgenommen. Es lief eine Sammelpetition und in einigen Fällen Asylfolgeanträge, bzw. Eilanträge bei den zuständigen Verwaltungsgerichten. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte und die Menschenrechtsorganisation Hilfe für Menschen in Abschiebe­haft Büren e.V. warnten seit Monaten bei den zuständigen Behörden und den Medien vor einer erneuten Abschiebung.

Nach Berichten vor Ort müssen die Flüchtlinge mit dem schlimmsten rechnen . Ihnen drohen in Militärgefängnissen unmenschliche, grausame und demütigende Behandlungen, sowie Folter, die sie möglicherweise nicht überleben. Aus Quel­len des OGDH (Organisation guinéenne des Droits de l´Homme) wissen wir, dass sie zu Zeu­genaussagen gegen den Oppositionellen Prof. Apha Condé gezwungen werden sollen.

Diese Berichte, unsere Warnungen an die zuständigen Ministerien und auch ein Brief von Herrn Jamal Karslie, MdL, Flüchtlingspolitischer Sprecher von Bündnis 90 die Grünen und Mitglied des Petitionsausschusses des Landtages NRW wurden ignoriert. Trotz laufendem Ermitt­lungsverfahren, anhängiger Petition und noch nicht abgeschlossener Eilanträge wurde in einer Sondermaschine der Fluggesellschaft air holland am 30.06.1999 zwölf bis vierzehn Flüchtlinge nach Guinea abgeschoben. Die Überwachung des Fluges unterlag wieder den Bundesgrenz­schutz.

Es ist nicht auszuschließen, dass die selben Beamten mitflogen, gegen welche die Flüchtlinge die schwere Vorwürfe erhoben hatten. Bei diesem Flug waren nun auch Landesbedienstete an Bord. Wir wissen dies zumindest von einen Mitarbeiter der Zentralen Auslän­derbehörde Dortmund. Leider liegen uns keine Berichte dieser Beobachter vor.

In Conakry wurde die deutsche Botschaft auf Anweisung des Auswärtigen Amtes gebeten, die Ankunft der Flüchtlinge zu beobachten. Mindestens ein Mitarbeiter der Botschaft hielt sich vor Ort auf. Er konnte jedoch nicht feststellen, ob die Betroffenen freigelassen wurden. Er verließ sich lediglich auf die Angaben der guineischen Behörden, dass die Flüchtlinge ihren Familien übergeben würden.

Wir hatten, nachdem wir die Ankunftszeit erfahren hatten, Mitarbeiter der OGDH und Journalisten zum Flughafen gebeten, um ihrerseits die Sache zu beobachten. Dieses ist äußerst riskant, da sie selber jederzeit Gefahr laufen, inhaftiert zu werden. Einem Journalisten gelang es, ein kurzes Gespräch mir mehreren Abgeschobenen zu führen. Dieses fand in einem Raum, genannt aerogard, des Flughafens statt, bevor die Flüchtlinge in Einzel­verhören vernommen wurden.

Da die Zentrale Ausländerbehörde Dortmund (ZAB) schon am 06.05.1099 den guineischen Konsularmitarbeitern sowie dem aus Guinea angereisten Polizeichef Mamadou Camara bei einer Vorführung der Flüchtlinge in den Räumen der ZAB Einsicht in die Asylakten gewährt hatte, hatten die Abgeschobenen am Flughafen keine Chance. Journali­sten vor Ort konnten noch beobachten, dass nach den Einzelverhören die Flüchtlinge in Mili­tärfahrzeugen abtransportiert wurden. Ihr momentaner Aufenthaltsort ist unbekannt.

Wir haben mit den Flüchtlingen verschiedene Vereinbarungen getroffen, wie sie sich entwe­der bei uns oder bei Organisationen vor Ort melden können. Keiner hat sich bisher in irgend­einer Form bei uns gemeldet. Wir telefonieren täglich mit allen Anlaufstellen, bisher ohne Erfolg. In der Zwischenzeit haben wir Kontakt mit einigen Familien vor Ort aufgenommen, auch hier haben sich die Flüchtlinge bisher nicht gemeldet. Wir müssen daher davon aus­gehen, dass sie der Staat Guinea bisher noch nicht freigelassen hat. Wie wir aus Quellen vor Ort erfahren haben, sind Folterungen zum Erzwingen von Aussagen an der Tagesordnung. Bei den Abgeschobenen handelt es sich um folgende Personen:

Mamadou Ciré Sow (aus Sira Leone)

Abdoulaye Diallo

Kaba Camara

Ousmane Soul

Kemoko Kourouma

Amara Camara

Amadou Diallo

Amadou Diallo

Mamado Aliou Diallo

Alpha Oumar Diallo

Ibrahim Barry

Sekou Toure

Zwei weitere Namen, die uns bekannt sind, konnten noch nicht letztendlich abgeklärt werden.

Wir fordern Sie auf:

- Nutzen Sie alle diplomatischen Wege, um eine Freilassung der Inhaftierten zu erreichen. (Es sind in der letzten Zeit des öfteren "Scheinfreilassugen" vorgekommen, d.h. dass sich Personen sich nur wenige Stunden oder Tage auf freien Fuß befanden. Eine weitergehende Beobachtung seitens der deutschen Botschaft wird daher dringend angeraten.)

- Ermöglichen Sie die Einreise dieser Personen in die Bundesrepublik Deutschland, da sie sich in Guinea in höchster Lebensgefahr befinden.

- Ermöglichen Sie, daß sie ein erneutes, faires Asylverfahren in der Bundesrepublik erhalten.

- Stoppen Sie, bis zur endgültigen Klärung dieser Vorfälle, ab sofort sämtliche Abschie­bungen nach Guinea (insbesondere auch die geplante Abschiebung am 07.07.1999).

- Gewähren Sie uns Einblick in sämtliche Akten und Berichte dieser Vorfälle, um uns die Möglichkeit zu geben, uns besser für diese Flüchtlinge einzusetzen zu können. Bisher ha­ben wir bei fast allen behördliche Stellen keine oder nur unzureichende Informationen er­halten.

Wir bitten Sie, sich sofort und unverzüglich für diese Menschen einzusetzen, da wir große Angst um ihr Leben haben. Wir erhoffen daher, eine Antwort auf dieses Schreiben in den nächsten drei Tagen zu erhalten.


gockel@gegenabschiebehaft.de

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