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Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. , 10.04.1998 :

Unruhen in Abschiebehaftanstalt Büren

In Büren bei Paderborn befindet sich Deutschlands größtes Abschiebegefängnis. Momentan sind dort ca. 500 Personen inhaftiert. 93 % von ihnen sind nicht straffällig geworden, und müssen trotzdem dort bis zu 18 Monate hinter Gittern auf ihre Abschiebung warten.

Am Montag, dem 6. April 1998 kam es dort zu lautstarken Protesten. Durch unsere ehren­amtliche Betreuung bekamen wir von den Häftlingen genaue Informationen zu den Vorfällen:

Am Dienstag, dem 31. März 1998 fuhr ein Krankenwagen zum Hafthaus 2 vor. Zwei Sani­täter betraten das Hafthaus und verließen es nach ca. 10 bis 20 Minuten. Mehrere Inhaftierte berichteten uns einstimmig, daß der Krankenwagen leer wieder abfuhr und anschließend eine leblos wirkende Person in die Krankenabteilung der JVA gebracht wurde. In den folgenden Tagen gaben die Bediensteten der JVA trotz mehrfachen Nachfragens keine Auskunft über den Zustand dieser Person.

Unter den Gefangenen gibt es Gerüchte, diese Person hätte Selbstmord begangen.

Die JVA dementiert dies gegenüber der Öffentlichkeit und behauptet, dass die betroffene Person in ein Krankenhaus gebracht wurde.

Dies widerspricht den oben geschilderten Beobachtungen der Gefangenen. Sollte die Stel­lungnahme der JVA-Leitung stimmen, so bleibt die Frage, weshalb diese Informationen den Gefangenen vorenthalten wurden. Die Ungewißheit, was mit ihrem Mitgefangenen passiert war, bedeutete eine starke psychische Belastung für die Inhaftierten.

So spitzten sich die Gerüchte am Wochenende zu und verschärften die Situation in den fol­genden Tage. Am Montag, 6. April 1998 gelang es einem Häftling am späten Nachmittag einen Mitarbeiter der JVA zur Seite zu stoßen und dabei den Schlüssel zu entwenden. Im Hof des Gefängnisses wurde er von dem Personal der JVA überwältigt.

Daraufhin begannen mehrere Häftlinge, lautstark gegen die Türen zu klopfen. Im Laufe des Abends steigerte sich dies zu Unruhen, die bis spät in die Nacht anhielten.

Am Dienstag setzten sich diese Proteste teilweise fort. Gleichzeitig wurden die Sicherheits­maßnahmen stark verschärft: Zum Beispiel gab es keinen Hofgang, und das Aufsichtspersonal wurde verdoppelt. Einige Häftlinge sind in andere JVAs verlegt worden.

Diese Schilderungen von Häftlingen wurden von Seiten der Anstaltsleitung in großen Teilen bestätigt.

Die Häftlinge, mit denen wir sprachen, betonten, dass sie durch ihre Proteste allgemein auf ihre Situation aufmerksam machen wollten:

- Zu lange Haftdauer.

- Bis zu 18 Monate ohne straffällig geworden zu sein.

- Schlechtes Essen.

- Zuwenig und minderwertiges Essen.

- Beispielsweise gab es innerhalb von 2 Wochen nur eine Gemüsesorte.

- Schlechte Haftbedingungen

- Manche Häftlinge müssen bis zu 22 Stunden täglich in Ihren Zellen eingeschlossen verbringen.

Die aktuellen Unruhen spiegeln nur die allgemeine Hoffnungslosigkeit der Gefangenen wieder.


gockel@gegenabschiebehaft.de

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