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Schaumburger Zeitung , 23.04.2002 :

Grüne laden ein: Initiative gegen Fremdenfeindlichkeit gründen

Rinteln (wer). Der Stadtverband der Grünen will Parteien und Verbände für eine Initiative gegen Fremdenfeindlichkeit gewinnen. Hintergrund: Die Grünen wollen nicht tatenlos zusehen, wenn am 1. Juni Neonazis durch Rinteln marschieren. Die Initiative soll für diesen Tag eine Kundgebung organisieren, die allen Rintelnern die Gelegenheit bietet, für Toleranz und Weltoffenheit in ihrer Stadt zu demonstrieren.

"Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit dürfen in Rinteln keine Chance haben", heißt es im Einladungsschreiben, das Stadtverbands-Vorsitzende Ursula Helmhold an Parteien, Kirchen, den DGB und andere Einrichtungen geschickt hat. Am 7. Mai soll mit allen Institutionen die Gründung einer Initiative diskutiert werden, die dem Beispiel der kreisweiten Aktion "Schaumburg ist bunt" (AWO und VHS) und des Bückeburger Modells "Alle unter einem Dach" folgt.

Stephan Hartmann, Integrationsbeauftragter der Arbeiterwohlfahrt und Koordinator der Bückeburger Initiative, wird beide Projekte vorstellen. Aus dem internen Treffen der Parteien und Verbände – so jedenfalls das Ziel von Initiator Bernhard Priesmeier – könnte ein breites Bündnis für Toleranz erwachsen, das von möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen getragen wird. Und das Flagge zeigt, wenn es am 1. Juni zum geplanten Aufmarsch der Neonazis in der Weserstadt kommt. "Ich hoffe, dass wir zeitgleich eine positive Aktion ins Leben rufen können", erklärt der Ex-Ratsherr der Grünen. "Es soll keine Gegen- oder Anti-Veranstaltung werden, sondern eine unabhängige Demonstration für Toleranz und Mitmenschlichkeit."

Am 24. November, als die rechte Szene den ersten Versuch eines Aufmarsches durch Rinteln startete, war es allein die Antifa, die gegen Rechtsextremismus auf die Straße ging. Am 1. Juni werden laut Anmeldung 200 bis 300 Neonazis vom Bahnhof aus Richtung Marktplatz und zurück marschieren (wir berichteten). Die Stadt prüft derzeit die Erfolgsaussichten einer Verbotsverfügung, doch stehen die juristischen Chancen schlechter als im November. Vor fünf Monaten hatte sich die Verwaltung mit ihrem "Nein" in letzter Instanz sogar vor dem Bundesverfassungsgericht durchgesetzt: Das Vorstrafenregister des Rintelner Veranstalters wirkte als überzeugendes Verhinderungs-Argument. Aus ihrer Schlappe im "Rechtskampf" haben die Veranstalter aber offenbar gelernt: Diesmal tritt ein auswärtiger Veranstalter auf, der juristisch noch als salonfähig gilt. Erlässt die Stadt erneut eine Untersagungsverfügung, dürfte sich das juristische Tauziehen wiederholen und eine endgültige Entscheidung erst kurz vor dem 1. Juni fallen.


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