Schaumburger Zeitung ,
01.06.2002 :
Polizei garantiert für Sicherheit auf Marktplatz
Rinteln (wer). Das Verwaltungsgericht Hannover hat der Stadt und den Veranstaltern von "Rinteln ist bunt" gestern kräftig in die Suppe gespuckt: Die Neonazi-Demonstration darf – wie angemeldet – bis auf den Marktplatz ziehen. Das Fest der Kulturen und Religionen, für das die Stadt eine "Sondernutzungserlaubnis" erteilt hat, wird trotzdem wie geplant auf dem Marktplatz gefeiert. Die Polizei garantiert für die Sicherheit der Feiernden.
Dennoch: Die Stadt hat eine juristische Niederlage einstecken müssen. Gegen die am Donnerstag verfügten Auflagen für die Neonazi-Demonstration hatte Veranstalter Christian Worch Widerspruch eingelegt. Mit Erfolg: Die zehnte Kammer des Verwaltungsgerichtes verwarf gestern nicht nur die Auflagen, die den rechtsradikalen Aufmarsch auf die Nordstadt begrenzen sollten, sondern genehmigte die komplette am 16. März angemeldete Route. Die Demonstration, zu der 200 bis 300 Teilnehmer angemeldet wurden, darf damit heute um 12 Uhr am Bahnhof beginnen und über die Bahnhofsallee, Bahnhofstraße, Weserstraße, Mühlenstraße, Brennerstraße bis zur geplanten Zwischenkundgebung auf den Marktplatz und wieder zurück führen. Den Marktplatz allerdings hat die Stadt mit ihrer "Sondernutzungserlaubnis" vom 14. Mai bereits für das Kulturfest "Rinteln ist bunt" reserviert. Die Kammer führte dagegen an, das Recht des Erstanmelders, den Demonstrationsort selbst zu bestimmen, könne nicht dadurch unterlaufen werden, "dass die Versammlungsbehörde nach Anmeldung einer Demonstration eine Sondernutzungserlaubnis erteilt, die es dem Veranstalter der Demonstration faktisch verwehrt, seine Demonstration in der vorgesehenen Weise am vorgesehenen Ort durchzuführen".
Auch die Position der Stadt, die Erlaubnis für "Rinteln ist bunt" sei nach dem Verbot des Aufmarsches erteilt worden, weist das Verwaltungsgericht zurück: "Denn die Verbotverfügung erging erst unter dem 17. Mai 2002, während die Sondernutzungserlaubnis bereits am 14. Mai 2002 erteilt wurde." Dennoch wird das Kulturfest heute wie geplant stattfinden (siehe Programm). Das Verwaltungsgericht hat die Veranstaltung nach Lesart der Stadt nicht für rechtswidrig erklärt. Und die Polizei wird mit erheblicher Präsenz für Ordnung sorgen. Einsatzleiter Jürgen Ermerling: "Die Polizei garantiert für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auf dem Marktplatz."
Indirekt kritisierte das Gericht auch die Auflagen der Stadt für die Gegendemonstration der VVN ("Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes"). Die Stadt hatte die Kundgebung kurzfristig von der Nord- in die Südstadt verlegt und eine neue Startzeit vorgegeben: Die Gegendemo sollte statt um 9.30 Uhr um 12 Uhr zeitgleich zum Neonazi-Aufmarsch beginnen. Erst die örtliche Verlagerung und zeitliche Verschiebung bewirke, dass es zu einem "Zusammentreffen der beiden Demonstrationen kommen dürfte", drehte das Gericht die Sicherheits-Argumentation der Stadt um.
Was die Kammer zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht wusste: Verärgert über die Auflagen, sagte VVN-Veranstalter Gerd Bornemann seine für heute geplante Gegendemonstration gestern Mittag ab. Schon "aus Gründen der Fürsorgepflicht" sei er gezwungen, die durch die Auflagen der Stadt herbeigeführte zeitgleiche Anreise von Gegendemonstranten und Neonazis zu verhindern.
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